Das British Museum wurde im achtzehnten Jahrhundert erbaut. Es umschließt als Viereck den Great Court, in dessen Zentrum der geschichtliche Reading Room steht. Jetzt wurde dieser vom Architekten Lord Norman Foster zu einem spektakulären öffentlichen Platz umgebaut, der von einer eleganten Stahl- Glaskonstruktion in der Größe eines Fußballfelds überdacht ist.
Geometrie
Das Dach bedeckt den gesamten Great Court mit einer Länge von 95m und einer Breite von 74m und wird zwischen den umliegenden Gebäudekanten und dem zentralen Reading Room aufgespannt. Die Gesamtstruktur bildet ein Netz aus Dreieckselementen, die eine Schale bilden. Da der Reading Room nicht im Zentrum des Great Courts steht, sondern leicht nach Norden versetzt ist, ergibt sich nur eine Symmetrieachse und deshalb sind alle Knoten und Stäbe unterschiedlich ausgebildet. Das Netz besteht aus 4878 verschiedenen Stäben und 1566 verschiedenen Knoten.
Konstruktionsprinzip
Da der Reading Room keine zusätzlichen Lasten aufnehmen kann, wurden 20 Verbundstützen gleichmäßig um ihn verteilt und auf neuen Fundamenten am Boden verankert. Auf diesen Stützen liegt ein kreisförmiger Ringbalken an dem die anlaufenden Randstäbe der Dachkonstruktion anschließen.
Die übliche “Bogenwirkung” konnte hier wegen der Gleitlager nicht angewendet werden. In der Gesamtkonstruktion ergeben sich dadurch, zusätzlich zu den Normalkräften, Biegemomente und Schubkräfte.
Knoten und Stäbe
Die größte Herausforderung bestand darin, einen Knoten zu entwickeln, der eine Verbindung zwischen allen Stäben ermöglicht und Kräfte sowie Biegemomente aufnehmen kann. Ebenfalls zu beachten waren die verschieden Winkel zwischen den Stäben (Minimum 26 Grad – Maximum 110 Grad) und die Verdrehung der Stäbe zueinander.
Der Knoten wird in Form eines Sterns mit 5oder 6 Armen automatisiert aus einem starken Blech senkrecht herausgebrannt. Die Stabenden der geschweißten Kastenquerschnitte werden in einem komplizierten Verfahren bearbeitet und laufen zwischen zwei Armen an den Knoten.
Vorfertigung
Um die Arbeit auf der Baustelle zum minimieren wurde die Möglichkeit Elemente vorzufertigen untersucht. Unter Berücksichtigung der maximalen Transportgröße wurden 152 einzelne Leitern definiert, die unter Werkstattbedingungen zusammengebaut und geschweißt wurden. Anhand diese Methode wurden ungefähr 3.000 von 4.878 Stäben und alle Knoten in Leitern eingebaut. Die restlichen Stäbe wurden lose an die Baustelle geliefert.
Stahlmontage
Das Dach ist erst stabil, sobald der gesamte Stahl montiert ist und muss deshalb während der gesamten Montagezeit temporär gestützt werden.
Zu diesem Zweck wurde eine wasserdichte Arbeitsplattform in der Höhe der Snow Gallery aufgebaut. Auf der Plattform wurden ungefähr 600 Stützen (Props) aufgestellt um die vorgefertigten Leitern zu unterstützen.
Nach dem Aufstellen der “Props” werden die Leitern hinein gehoben und in der Höhe abgestimmt. Im nächsten Schritt wurden die losen Stäbe zwischen den Leitern eingepasst, die Toleranzen der entstehenden Dreiecke geprüft und die Verbindungen geschweißt.
Entfernen der Hilfsstützen (De-Propping)
Die Dachkonstruktion wurde in einer erhöhten Lage erbaut, der so genannten Null-Geometrie. Sie gleicht die berechnete Durchbiegung des abgesenkten Stahlnetzes mit seinen Eigenlasten und der Last der Glasscheiben aus. Das Hauptanliegen beim De-Propping war, das Stahlnetz kontrolliert abzusenken und stufenweise zu belasten. Mit einer maximalen Durchbiegung von 142 mm war es unmöglich, gesamte Abschnitte des Daches in einem Schritt abzusenken, ohne Teile der Konstruktion überzubeanspruchen. Die gesamte Dachfläche teilt sich in 12 Zonen auf : 4 diagonale, die wesentlich starrer sind, verglichen mit dem Rest der Konstruktion und jeweils 2 Zonen vor jedem Portico. Insgesamt ergeben sich aus den 12 Zonen und 4 Phasen 48 Absenkstufen. Detaillierte Berechnungen ergaben, dass bei keiner dieser Stufen Stäbe oder Knoten überbeansprucht wurden.
Verglasung der Dachkonstruktion
Die Dachverglasung besteht aus 3312 verschieden großen Dreiecksscheiben, die direkt auf den Trägern der 6.000 m² Fläche umfassenden Stahlkonstruktion aufliegen. Da der gesamte Great Court mit der Dachkonstruktion überdacht ist, wurde hochqualifiziertes Glas gefordert um das ganze Jahr hindurch ein angenehmes Raumklima zu gewährleisten. Dieses wurde durch den Einsatz von Isolierglasscheiben, bestehend aus außenseitig 12mm ESG, einem Hohlraum von 16mm und innenseitig 12mm VSG aus 2 x 6mm Float erreicht.
Projektteam :Handel, Aichholzer, Mandl |